Studierende bauen Visionen für die inklusive Bildung

Im Sommersemester 2020 lief alles anders als geplant. Victoria Batz, wissenschaftliche Mitarbeiterin im IKKE Projekt, bereitete in Kooperation mit Prof. Dominik Schumacher ein Bachelor Hauptprojekt für Studierende aus dem Fach Industrie Design zum Thema „Lernszenarien für die inklusive Berufsbildung“ vor. Es sollen Visionen für digitale, interaktive Lernmethoden entwickelt und prototypisch umgesetzt werden. Das Bundesprojekt „Inklusive Küche 4.0“ steht dabei als Praxispartner zur Seite. Die Studierenden sollten die Möglichkeit bekommen, den im Rahmen des Projektes initiierten inklusiven Unterricht zu besuchen, die Zielgruppen kennenzulernen und den Berufsausbildungsalltag zu erfahren.

Im April 2020 sitzen Prof. Schumacher und Frau Batz neun Studierenden im Videokonferenztool Zoom gegenüber – der Berufsschulunterricht ist abgesagt, die Schulen geschlossen, die Studierenden zuhause vor ihren Laptops.

Trotzdem findet das Projekt statt. Sechs Stunden jede Woche werden die Probleme von inklusiver Bildung, bisherige Maßnahmen, Strategien der Didaktik und der aktuelle Stand der Technik in dem Bereich analysiert. Die Projektmitarbeiterin Inga Lipwoski kann mit fachlichem Input zu denen Themen Sonderpädagogik und Nutzerstudien unterstützen. Herr Prof. Michael Herzog erweitert den Horizont der Studierenden durch einen Einblick in die Lerntheorie. Prof. Schumacher und Victoria Batz leiten den Designprozess nach dem Vorbild der Design Science Research Methodologie an.

Auf Basis der Lehrinhalte für die Unterrichtsmodule „Eierspeisen“ und „A la Carte“ entstanden Konzepte zur differenzierten Vermittlung von theoretischen Inhalten für die drei Zielgruppen Auszubildende zum/zur Koch/Köchin, FachpraktikerInnen Küche und Mitarbeiter der Lebenshilfe mit geistigen Behinderungen. Obwohl alle Vor-Ort-Termine in den Bildungseinrichtungen abgesagt werden mussten, konnte das IKKE Team unterstützen, indem sie inhaltliches Feedback zu den Konzeptentwürfen bei den digitalen Zwischen- und Endpräsentationen gaben.

Die meisten Abstriche mussten bei der Verwirklichung der Prototypen gemacht werden. Drei Projektteams setzten vier Konzepte um, die alle remote entstanden sind – Ein 3D Modell vom Schwein für die Fleischzerlegung, eine Tablet Anwendung, mit der die Ernährungspyramide erlernt wird, ein Ablauftrainer in Virtual Reality, mit dem Rezepte für Eierspeisen nachgekocht werden und die Applikation Tommy, der von den Spielenden bei seiner gesunden Ernährung unterstützt werden muss. Während die beiden Bildschirmanwendungen sehr gut von zuhause umgesetzt werden konnten, sahen sich die Teams mit VR-Brille und 3D-Druck einer Herausforderung gegenüber. Die Werkstätten der Hochschule sind geschlossen und kooperatives Arbeiten kann weitaus aufwändiger sein, wenn man sich nicht im selben Raum befindet. Dennoch haben sie es geschafft.

Am 23. Juli 2020 war es dann endlich so weit. Mit vier Wochen Verspätung konnten die Prototypen in der Lebenshilfe Prignitz getestet werden. Es stellten sich 8 MitarbeiterInnen der Lebenshilfe als Probanden zur Verfügung. In der Lebenshilfe wurden die 9 Studierenden gut mit Mittagessen, Kaffee und Kuchen aus der hauseigenen Küche umsorgt. Jedem Team stand ein eigener Raum zur Verfügung, in dem sie ihre Prototypen mit den TeilnehmerInnen ausprobieren und evaluieren konnten. Die anfänglichen Berührungsängste waren schnell überwunden und es machte sich Neugier und Begeisterung über die innovativen Lernmethoden breit. Jede/r wollte die VR-Brille testen und Tommy so gut wie möglich durch das Ernährungsspiel leiten. Das IKKE Team sowie auch die Studierenden waren positiv überrascht von der Aufgeschlossenheit gegenüber den neuen Medien. Die Testung lässt darauf schließen, dass die modernen Technologien viel intuitiver verwendet werden, als erwartet. Auch die Lernkonzepte stoßen auf Zustimmung.

Zwei der vier Lernszenarien werden vom IKKE Team weiterentwickelt und im inklusiven Unterricht eingesetzt. Im November 2020 ist es hoffentlich wieder möglich, dass sich alle drei Zielgruppe und das Lehrpersonal in einem Klassenraum aufhalten. Dann kommen die VR-Brillen und der 3D-Druck vom Schwein erneut zum Einsatz.